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Tatort Krankenhaus - kalte Füße

Shownotes

Die 49-jährige Viktoria litt "nur" unter einem kalten Fuß, doch die sodann erfolgte Behandlung führte zu Etwas, womit sie niemals gerechnet hätte…

Die langjährige Radiomoderatorin Tanina Rottmann und der aus dem TV bekannte Patientenanwalt Peter Gellner schildern auf verständliche Art und Weise echte Fälle ärztlicher Kunstfehler und geben wertvolle Tipps aus der Insiderperspektive.

Fragen, Anregungen und Kritik gerne an: info@tatort-krankenhaus.de

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Transkript anzeigen

00:00:00: * Musik *

00:00:27: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Runde Tatort Krankenhaus,

00:00:31: wenn Ärzte Fehler machen.

00:00:33: Bei uns geht es um das Artshaftungsrecht.

00:00:36: Und das ist auch ganz richtig so.

00:00:38: Neuer Fall, neues Glück, würde ich ehrlich gesagt gerne mal sagen.

00:00:42: Aber bei uns ist es ja leider immer eher Neuer Fall, neues Unglück.

00:00:47: Peter, warum machen wir nicht endlich mal was über Einhörner?

00:00:50: Was Schönes, was Buntes, was Tolles.

00:00:53: Das ist ganz einfach, weil die in meiner Kanzlei

00:00:56: einfach zu selten zu Gast sind.

00:00:58: Schade. - Kommt bestimmt auch noch.

00:01:00: Verdammt.

00:01:01: Ja, es sind teilweise wirklich harte Fälle, die wir haben.

00:01:05: Aber darüber wollen wir sprechen mit euch.

00:01:08: Und Lob gibt es von euch da draußen ganz viel.

00:01:11: Vielen Dank dafür.

00:01:13: Ihr haltet Peter schön auf Betriebstemperatur,

00:01:15: weil du checks für uns alle Mails, die reinkommen.

00:01:18: Die kommen unter info@tatort-krankenhaus.de.

00:01:22: Und du hast gut zu tun, hörte ich.

00:01:25: Teilweise schickt ihr uns eure kompletten Krankengeschichten.

00:01:29: Ja, die Fälle nehmen immer mehr zu.

00:01:31: Wir versuchen auch alle zu beantworten.

00:01:34: Wenn der ein oder andere uns mal durchgeht,

00:01:36: seht uns das bitte nach.

00:01:37: Wir können nicht alles beantworten.

00:01:39: Aber wir versuchen schon so gut wie möglich,

00:01:42: die aufgeworfenen Fragen zu beantworten.

00:01:45: Oder hier im Podcast auch zu besprechen.

00:01:48: Das geht ja teilweise schon wirklich.

00:01:50: Das wird ja schon ganz intim,

00:01:52: dass uns Leute wirklich so ihre persönlichen Leidensgeschichten erzählen.

00:01:55: Was sie im Krankenhaus erlebt haben.

00:01:57: Martina schreibt zum Beispiel,

00:01:59: sie hätte unseren Podcast gerne damals schon gehabt,

00:02:02: als sie eine schlimme Geschichte im Krankenhaus

00:02:05: das vertiefen wird jetzt nicht, erlebt hat.

00:02:07: Sie sagte, es sei schade, dass ich uns da noch nicht kannte.

00:02:10: Ich wäre ganz anders an die Sache rangegangen.

00:02:12: Das klingelt jetzt so bei mehreren Leuten,

00:02:15: dass diese Hürde jetzt nicht mehr so hoch ist.

00:02:17: Da vielleicht doch mal kritisch nachzufragen,

00:02:20: ob das alles zu rechtens war.

00:02:22: Das zum einen und zum anderen vielleicht noch einen Schritt zurück.

00:02:25: dass ein Fall vielleicht ganz verhindert wird,

00:02:27: indem man sich jetzt Kenntnisse anschafft,

00:02:30: die einem helfen, zu vermeiden, dass es zu einem Fehler kommt.

00:02:33: Johanna hat uns geschrieben,

00:02:35: ich bin Krankenpflegerin, eine vom Fach.

00:02:38: Sie schreibt, sie findet unseren Podcast super.

00:02:41: Sie stört es auch nicht, dass wir medizinische Leien sind.

00:02:44: Und findet, dass wir das doch immer ganz richtig einordnen.

00:02:48: Puh! Vielen Dank dafür, Johanna.

00:02:50: Und sie hat eine Frage zu der Folge mit der schlimmen Geburt.

00:02:54: Und die Frage finde ich so spannend von Johanna.

00:02:57: Sie sagt, wenn ich mich jetzt in so einer Lage befinden würde,

00:03:00: im Kreiswahl, wo man ja auch ausgeliefert ist,

00:03:03: ob sie da das Recht hätte, eine Notarzt zu rufen,

00:03:08: oder überhaupt einen anderen Arzt oder im Zweifel,

00:03:10: sogar die Polizei zu rufen, wenn sie das Gefühl hat,

00:03:13: ich werde hier gerade ganz schlimm behandelt.

00:03:15: Das ist natürlich eine schwierig zu beantwortende Frage.

00:03:19: Gerade an der Umsetzbarkeit wird es wahrscheinlich hapern,

00:03:22: weil man ja nicht mit Telefon, mit Handy auf der Liege bei der Geburt liegt.

00:03:27: Also, das wird schon schwierig sein.

00:03:30: Generell kann man zu jeder Zeit immer auch einen anderen Arzt rufen,

00:03:36: oder vielleicht sogar gar mal die Polizei,

00:03:38: ob die dann kommen werden, das ist mehr als fraglich.

00:03:42: Also, ich kenn es auch sogar, hab ich auch noch nie von gehört.

00:03:46: Nein, es ist eher theoretischer Natur.

00:03:48: Aber was dahinter steckt, man kann sehr, sehr deutlich machen

00:03:52: und sollte das auch, wenn man eine andere Auffassung ist.

00:03:56: Und dann muss der Arzt, die Ärztin, einem erklären,

00:04:00: warum jenes und dieses gemacht wird.

00:04:02: Das ist immer ganz, ganz wichtig.

00:04:04: Johanna, danke auf jeden Fall für diese interessante Frage.

00:04:07: Auf die war ich so auch noch nicht gekommen.

00:04:09: Ihr könnt uns gerne weiter Mails schicken.

00:04:11: Wie gesagt, Peter ist da auf Betriebstemperatur.

00:04:14: Dem soll er nicht langweilig werden. Info@tatort-krankenhaus.de

00:04:18: So, bevor wir in unseren neuen Fall starten,

00:04:21: möchten wir euch kurz den Sponsor dieses Falls vorstellen.

00:04:24: Das ist diesmal die Pizzeria Trattoria in Gütersloh.

00:04:30: Von Peter und mir bei diversen Arbeitsessen getestet

00:04:33: und für sehr gut befunden.

00:04:36: Also, wenn ihr mal Lust auf eine wirklich leckere Pizza

00:04:38: oder italienisches Essen habt,

00:04:40: dann kommt gerne in die Trattoria nach Gütersloh

00:04:43: in die Berliner Straße.

00:04:45: Vielleicht sehen wir uns sogar da.

00:04:46: So, jetzt lad ich euch ein.

00:04:48: Mit uns den Fall von Victoria zu verfolgen.

00:04:52: Victoria ist 49 Jahre jung.

00:04:54: Betonung absolut hier auf Jung, weil das ist zum einen auch mein Alter.

00:04:58: Und Victoria ist eine aktive Frau.

00:05:01: Die geht ins Fitnessstudio, schmeißt den Haushalt.

00:05:03: Zwei ihrer drei Kinder wohnen noch zu Hause.

00:05:06: Und halbtags arbeitet sie als Helferin in einer Zahnarztpraxis.

00:05:10: Dort und auch privat trägt Victoria bequeme Schuhe.

00:05:14: Also, sie hat das schon seit Jahren überhaupt keine Lust mehr,

00:05:18: sich in unbequeme Absaßschuhe zu zwingen.

00:05:20: Und trotzdem schmerzt seit ein paar Tage ihr linker Fuß.

00:05:24: so ein richtiger Schmerz ist das eigentlich gar nicht.

00:05:27: Vielmehr fühlt sich der Fuß kalt an.

00:05:29: Hauptsächlich im kleinen Zeh,  auch taub.

00:05:31: Victoria macht sich erst keine großen Gedanken.

00:05:35: Würde ich, ehrlich gesagt, auch nicht machen.

00:05:37: Kalte Füße haben wir Mädels gelegentlich gerne mal.

00:05:40: Da ist vielleicht mal grad der Fuß schlecht durchblutet

00:05:43: oder eingeschlafen, erst mal nix Wildes.

00:05:46: Victoria findet es auch erst mal nur unangenehm.

00:05:49: Sie massiert ihren Fuß, nimmt 'ne Wärmflasche.

00:05:52: Aber dieses Kälte- und auch Taubheitsgefühl

00:05:55: ist auch nach zehn Tagen immer noch da.

00:05:58: Victoria macht einen Termin bei ihrem Hausarzt.

00:06:00: Der stellt per sonografie fest,

00:06:03: dass eine große Arterie im Unterschenkel verschlossen ist.

00:06:07: Mit dieser Diagnose wird Victoria

00:06:09: in einer regionalen kardiologischen Klinik aufgenommen.

00:06:13: Zu diesem Zeitpunkt ist es auch nicht mehr nur ihr Fuß,

00:06:16: sondern das komplette linke Bein ist mittlerweile deutlich kühler,

00:06:20: blasser und auch schmerzempfindlicher als das rechte Bein.

00:06:24: Am selben Tag wird bei ihr eine Angiografie durchgeführt.

00:06:27: Das ist auch wieder so ein bildgebendes Verfahren,

00:06:30: bei dem die Blutgefäße dargestellt werden.

00:06:32: Auch hier lautet der Befund Arterienverschluss

00:06:35: möglicherweise durch, wird das jetzt französisch ausgesprochen?

00:06:39: Kompat-mo... - Durch, nee, durch.

00:06:41: D-U-R-C-H, durch. - Kompat-mo-syndrom.

00:06:44: Kompat-ment.

00:06:45: Also Englisch, Deutsch? - Kompart-ment-syndrom.

00:06:48: Wieso dachte ich, das wird Kompat-morge?

00:06:50: Kompat-morge?

00:06:51: à tout à l'heure.

00:06:53: Kompart-ment-syndrom.

00:06:55: Du glaubst aber nicht, dass ich mir gemerkt hätte, was das ist?

00:06:59: Also das Kompartmentsyndrom,

00:07:01: das wird auch Muskel-Kompressions-Syndrom genannt.

00:07:04: Da gibt es einen erhöhten Gewebedruck,

00:07:07: ich sag's jetzt mal verkürzt,

00:07:09: der zu einer Verminderung der Gewebedurchblutung führt.

00:07:13: Und dadurch können Störungen im Bereich des Gewebes

00:07:17: oder auch von Organen resultieren.

00:07:19: Dieser Verdacht steht hier also im Raum.

00:07:22: Viktoria wird mit einer sogenannten Lyse-Therapie behandelt.

00:07:26: Auch da haben wir bei dir schon von gehört.

00:07:28: Die brechen die Erste allerdings ab,

00:07:30: denn die Wundverhältnisse bei Viktoria sind zu ausgedehnt.

00:07:33: Und jetzt behandelt man sie intravenös mit Heparin.

00:07:37: Wir machen wieder einen kleinen Erklärungsschlenker.

00:07:40: Peter, wen du so freundlich wärst, uns hier auch zu helfen.

00:07:43: Was ist die Lyse?

00:07:45: Warum wurde die abgebrochen? Warum dann Heparin?

00:07:47: Ja, also Heparin ist ein Blutverdünner.

00:07:50: Eine Lyse-Therapie wird bei Blutgerinseln und Gefäßverschlüssen

00:07:54: eingesetzt, um da wieder einen Durchlauf zu erreichen.

00:07:57: Was aber so auf dem Weg mit der Lyse nicht funktioniert hat?

00:08:01: Das ist richtig.

00:08:02: (Lachen)

00:08:05: Das ist richtig.

00:08:07: Da brauchst du nur so einen Monokel.

00:08:10: Das ist richtig.

00:08:13: (Lachen)

00:08:15: Alles klar.

00:08:17: Es soll auf das Gleiche hinaus kommen,

00:08:19: nämlich diesen Arterienverschluss wieder zu öffnen.

00:08:22: Leider ist es aber völlig egal,

00:08:25: welche Methode die Ärzte hier bisher versuchen.

00:08:28: Auch am nächsten Tag besteht nach wie vor der Arterienverschluss

00:08:31: in Viktorias Bein.

00:08:33: Da sich auch am Folgetag ein weiterer Arterienverschluss zeigt,

00:08:37: wird ein sogenannter Venen-Bypass implantiert.

00:08:41: Dadurch bessert sich der Zustand fürs Erste.

00:08:44: Einige Tage später, allerdings,

00:08:46: kommt es wieder zu einer Verschlechterung des Zustandes.

00:08:50: Sie hat wieder starke Schmerzattacken.

00:08:52: Es gibt Verfärbungen im Bereich des linken Beines.

00:08:55: Und in der Folgezeit werden noch weitere Angiografien durchgeführt.

00:08:59: Und die ergeben jetzt auch den Verschluss

00:09:02: des gelegten Bypasses.

00:09:04: Peter, mittlerweile möchte ich mir nicht mehr vorstellen,

00:09:07: wie es Viktoria mittlerweile geht.

00:09:09: Die muss ja unglaublich verunsichert sein und verängstigt.

00:09:13: Da hilft nichts. Die Ärzte stoßen an ihre Grenzen.

00:09:16: Sie halten es für klug Viktoria,

00:09:18: jetzt auch in eine spezielle Klinik für Gefäßchirurgie zu verlegen.

00:09:22: Auch dort wird eine Angiografie durchgeführt,

00:09:25: die leider das nächste schlechte Ergebnis offenbart.

00:09:28: Es gibt einen weiteren Gefäßverschluss in ihrem Bein.

00:09:32: Erfolgen noch weitere verschiedene therapeutische Maßnahmen, auf die wir an dieser Stelle jetzt

00:09:36: nicht weiter eingehen.

00:09:37: Die sind für den Fall jetzt auch nicht ganz relevant.

00:09:39: Und leider muss man sagen, sind auch die Gefäßexperten nicht in der Lage, Viktorias

00:09:45: Zustand zu verbessern.

00:09:46: Es ist ihnen nicht möglich für eine ausreichende Durchblutung in ihrem linken Unterschenkel

00:09:51: zu sorgen.

00:09:52: Es bleibt ihnen nur eine letzte Maßnahme und die trifft Victoria wie ein Donnerschlag.

00:09:58: Sie müssen nur wenige Tage später ihr Bein ab dem Oberschenkel amputieren.

00:10:03: Das ist so ein Fall, den du in einer unserer Folge schon mal angesprochen hast.

00:10:09: Also Patient kommt somit kleinen Wehwehchen, in Viktorias Fall war es ein kalter Fuß und

00:10:14: ein kleiner Zeh mit Taubheitsgefühl.

00:10:15: Und dann wird da so eine große Sache raus.

00:10:18: Und du hast mit diesen Menschen ja direkten Kontakt.

00:10:21: Wie gehen die mit so was um?

00:10:23: Sehr unterschiedlich.

00:10:25: Im Endeffekt sind die meisten glücklich, dass ja so schlimm es auch ist, mit der Amputation

00:10:30: doch ihr Leben gerettet wird.

00:10:33: Weil wenn man nicht amputiert hätte, wären sie daran verstorben.

00:10:37: Es hätte sich ja weiter fortgepflanzt und das überlebt man dann entsprechend nicht.

00:10:42: Aber es braucht natürlich eine sehr, sehr lange Zeit, bis man sich daran gewöhnt, dass

00:10:46: man ein oder vielleicht auch mehrere Körperteile verloren hat.

00:10:50: Ja, das ist nicht leicht.

00:10:51: Auch von der psychischen Konstellation her ist es nicht einfach.

00:10:55: Damit umzugehen.

00:10:56: Und dann ist natürlich auch noch die entscheidende Frage, wie bist du mit diesem Fall umgegangen?

00:11:00: Also ich weiß, es gab im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens und auch schon vor der Verhandlung

00:11:05: diverse Sachverständigen-Gutachten, die da eingeholt wurden.

00:11:07: Und die kamen alle zum selben Ergebnis.

00:11:10: Und zwar, dass hier an mehreren Stellen Fehler gemacht wurden.

00:11:13: So und die gehen wir jetzt mal gemeinsam durch.

00:11:16: Angefangen bei der Lysetherapie.

00:11:19: Also mit Hilfe eines Katheters den Blutfuß wiederherzustellen.

00:11:21: Da war schon was falsch.

00:11:23: Ja, letztendlich haben alle medizinischen Sachverständigen, die involviert gewesen

00:11:29: sind, Unisono gesagt, man hätte anstatt der Lysetherapie die sofortige operative Entfernung

00:11:37: des Trombos, also des Blutgerinnsels, aus dem Blutgefäß veranlassen müssen.

00:11:42: Es war schlichtweg ein Fehler, die Lysetherapie bei dieser Konstellation zu machen.

00:11:47: Und auch die intravenöse Heparin-Gabe war auch in dieser Form nicht zielführend, so

00:11:55: die Sachverständigen.

00:11:56: Auch später, der im Prozess involvierte Sachverständigen hat das nochmal bestätigt.

00:12:02: Ein weiterer Fehler, der festgestellt worden ist, war, dass ausschließlich eine konservative

00:12:08: Therapie durchgeführt worden ist mittels Heparanisierung.

00:12:12: Da ist ja auch keine Verbesserung des Lokalbefundes eingetreten.

00:12:16: Auch zu diesem Zeitpunkt hätte man unbedingt operieren müssen.

00:12:20: Also die Fehler reihen sich anhand des Gutachtens ja auf wie Perlen auf der Schnur, denn auch

00:12:25: der später gelegte Bypass verlief nicht ordnungsgemäß.

00:12:28: Was passt denn da nicht?

00:12:30: Und zwar stellte sie sich heraus und das war nach Ansicht gerade des gerichtlich bestelleten

00:12:35: Sachverständigen ein so genannter grober Fehler.

00:12:39: Ein Fehler, der schlechterdings nicht mehr verständlich ist, nämlich der implantierte

00:12:43: Bypass wurde an die falsche Stelle implantiert.

00:12:46: Oh nein.

00:12:47: Ja, das ist etwas, was wirklich nicht vorkommen darf.

00:12:51: So auch die medizinischen Sachverständigen allesamt, die gesagt haben, Mensch, das darf

00:12:58: doch nicht sein, dass der an eine völlig falschen Stelle implantiert wird.

00:13:02: Und das war auch als drober Fehler dann auch gerichtlicherseits später festgestellt worden.

00:13:06: Und das führte letztendlich dazu, dass das Bein von Viktoria nicht mehr gerettet werden

00:13:11: und amputiert werden musste.

00:13:12: Das Leben, das Victoria nach der Oberschenkel-Amputation führt, ist auch sehr eingeschränkt, kann

00:13:18: man sich vorstellen, sie kann nicht mehr arbeiten.

00:13:20: Ihren Hobbys nicht mehr nachgehen, wie Radfahren, Schwimmen, Wandern, Spazieren, gehen, tanzen,

00:13:24: Urlaube traut sie sich auch nicht mehr zu und sie hat halt einfach auch ständig Schmerzen.

00:13:29: Zum einen ist da der Phantomschmerz, also sie spürt das Bein, das gar nicht mehr da ist,

00:13:34: weil sie auf Krücken laufen muss, beklagt sie chronisch gewordene Belastungsschmerzen.

00:13:38: Mit chronischen Entzündungen der Handgelenke, Ellbogen, Schultergelenk, es wird ja alles

00:13:42: belastet.

00:13:43: Und in ihrer Wirbelsäule ist ein chronisches Schmerzensyndrom entstanden, das sie ja auch

00:13:48: absolut plagt.

00:13:50: Psychisch hat ihre Situation, das hast du vorhin schon kurz angesprochen, sie natürlich

00:13:55: auch sehr mitgenommen, sie ist depressiv geworden und sie ist natürlich auch pflegebedürftig

00:14:00: und der Verlust ihrer Selbstständigkeit belastet Viktoria sehr.

00:14:03: Ja, das ist sehr häufig was man verkennt, es ist ja nicht nur in Anführungszeichen gesetzt,

00:14:10: die Amputation, da hängt ja vieles dran, wie du jetzt beschrieben hast.

00:14:14: Dann gibt es eine Schonhaltung, die man einnimmt, dadurch nimmt der Rückenschaden, die Hüfte

00:14:19: nimmt Schaden und so weiter und so fort.

00:14:21: Da hängt eine ganze Kette dran an weiteren Erkrankungen und die Psyche, die du richtigerweise auch

00:14:27: angesprochen hast, ist oftmals auch sehr schwer tangiert und braucht auch ihre Zeit, um

00:14:34: sich erholen zu können.

00:14:35: Ja, glücklicherweise lebt sie mit ihrem damals 16-jährigen Sohn zusammen, der nimmt ihr

00:14:40: sehr viele Haushaltstätigkeiten ab, unterstützt sie, wo er nur kann.

00:14:44: Sie hat noch einen weiteren Sohn, der hat eine eigene Wohnung, kommt aber auch so oft

00:14:47: wie möglich vorbei, um seiner Mutter zu helfen.

00:14:49: Also ich denke, wir können alle mitfühlen, wie schwierig das sein muss, so ein Schicksal

00:14:53: anzunehmen und wir können uns auch vorstellen, dass in Viktorias Leben jetzt sehr viele Dinge

00:14:59: auch viel Geld kosten, Peter.

00:15:01: Und sie hat Geld bekommen?

00:15:03: Ja, sie hat Geld bekommen.

00:15:05: Wir haben uns vor Gericht letztendlich, leider mussten wir wieder klagen und konnten uns

00:15:10: nicht ausgerichtlich erledigen, weil die Gegenseite nicht verhandlungsbereit war oder regulierungsbereit

00:15:16: war.

00:15:17: Wir haben uns dann gerichtlich verglichen auf Vorschlag des Gerichts und nach langwierigen

00:15:23: Verhandlungen, die wir dann außergerichtlich weitergeführt haben, haben wir uns auf eine

00:15:27: Summe von 550.000 Euro, also mehr als eine halbe Million Euro verständigt und diese

00:15:35: hat dann die geschädigte Viktoria auch erhalten.

00:15:38: Also das ist in dem Bereich schon eine wirklich hohe Summe, wenn ich das so vergleiche, mit

00:15:42: anderen Fällen vergleiche, die du uns schon vorgestellt hast, also halbe Million ist da

00:15:45: schon hoch.

00:15:46: Ja, das ist aber nicht das Schmerzensgeld, man muss sich vorstellen, Schmerzensgeld war

00:15:51: auf Vorschlag des Gerichts 65.000 Euro.

00:15:54: Also für ein Bein, das man verloren hat, ist wirklich nicht die Welt.

00:15:59: Also die weiteren Beträge von knapp eine halbe Million dann waren für die Pflegemehraufwand,

00:16:06: den sie hatte, für den Haushaltsführungsschaden, den sie erlitten hat, Umbau der Wohnungen,

00:16:12: die sie überwohnt hatte.

00:16:13: Dies macht eigentlich den Löwenanteil dieses Betrages aus.

00:16:17: Wir kriegen viele Rückmeldungen und da ist oft die Frage dabei, was dann eigentlich mit

00:16:22: den behandelenden Ärzten passiert ist, die jetzt einen Fehler gemacht haben.

00:16:26: Eine Frage, ich weiß jetzt nicht mehr von wem sie kam, ob der Arzt denn jetzt überhaupt

00:16:30: noch arbeiten darf.

00:16:31: Ja, die Frage kam von recht vielen, nicht speziell in diesem Fall, aber auch in anderen

00:16:37: Fällen.

00:16:38: Wie ist es denn, wird dem die Approbation entzogen?

00:16:40: Genau.

00:16:41: Darf der vielleicht gar nicht mehr als Arzt tätig werden.

00:16:43: Ja, all denen sei gesagt, das ist ganz, ganz selten, dass die Approbation entzogen wird.

00:16:49: Meistens nur, wenn man, was ja ganz selten ist, vorsätzlich handelt als Arzt oder wenn

00:16:56: es wirklich x-mal vorkommt, dass jemand größeren Schaden nimmt.

00:17:01: Sonst passiert das schlichtweg nicht.

00:17:03: Man muss ja auch sehen, das kommt ja dann einem Berufsverbot gleich.

00:17:07: Wenn man keine Approbation mehr hat, darf man als Arzt nicht tätig sein.

00:17:10: Und darum muss das schon eine hohe Hürde sein.

00:17:14: Aber in vielen Fällen ist es für die Patienten nicht verständlich, dass Ärzte noch tätig

00:17:20: sein dürfen.

00:17:21: Ich halte es so richtig, dass die Hürde sehr hoch ist, weil da muss schon einiges passieren,

00:17:28: damit man wirklich jemanden ein Berufsverbot auf Dauer erteilen sollte.

00:17:33: Peter, bei den vielen, vielen Fällen, die du als Fachanwalt betreut hast, ist der Fall

00:17:37: von Viktoria einer von vielen oder aus deiner Sicht ist er besonders tragisch?

00:17:41: Ja, die Schicksale sind recht unterschiedlich.

00:17:44: Für viele ist es das Schlimmste, im Rollstuhl zu sitzen, Querschnittsgelähmt zu sein.

00:17:51: Für andere ist es dramatischer, ein Bein zu verlieren oder einen Arm zu verlieren.

00:17:56: Also, es ist recht unterschiedlich.

00:17:58: Wir haben wirklich von der leichtesten Schädigung bis zur schwersten, vielleicht der Tod oder

00:18:05: bis zur schwersten Schädigung, was Rückenmarksverletzungen anbelangt, dass man vielleicht ab

00:18:11: C1, also quasi von ganz oben gelähmt ist und weder Arme noch Beine bewegen kann, egal

00:18:19: wie in allen Fällen sagen die Mandanten, ich wäre lieber gesund und würde auf das Geld

00:18:24: verzichten.

00:18:25: Und es geht auch jeder anders mit diesem Schicksal um.

00:18:28: Das kann man nicht über einen Kamm scheren.

00:18:31: Das ist sehr individuell.

00:18:32: Es gibt sehr starke Persönlichkeiten, das sage ich ganz wertfrei und es gibt Persönlichkeiten,

00:18:38: die da länger dran zu knapßen haben, auch im psychischer Hinsicht.

00:18:42: Da sind wir Menschen einfach unterschiedlich ausgestaltet und gehen auch dementsprechend

00:18:46: unterschiedlich damit um.

00:18:48: Peter, danke schön für den Fall, den du uns heute mitgebracht hast.

00:18:51: Ich freue mich auf den nächsten Fall, den wir hier besprechen und ihr zu Hause bleibt

00:18:54: bitte gesund.

00:18:55: Bis zum nächsten Mal.

00:18:56: Tschüssi.

00:18:57: Tatort Krankenhaus.

00:18:58: Der Podcast mit Tanina Rotmann und Peter Gellner.

00:19:03: [Musik]

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