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Tatort Krankenhaus - die verirrte Magensonde

Shownotes

Der Witwer Werner, 69 Jahre alt, hat Probleme beim Schlucken und erhält im Krankenhaus eine nasogastrale Sonde. Da ahnt er noch nicht, welche fatalen Folgen das hat…

Die langjährige Radiomoderatorin Tanina Rottmann und der aus dem TV bekannte Patientenanwalt Peter Gellner schildern auf verständliche Art und Weise echte Fälle ärztlicher Kunstfehler und geben wertvolle Tipps aus der Insiderperspektive.

Fragen, Anregungen und Kritik gerne an: info@tatort-krankenhaus.de

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Transkript anzeigen

00:00:00: * Musik *

00:00:03: "Tatort Krankenhaus", der Podcast mit Tanina Rottmann und Peter Gellner.

00:00:28: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge von "Tatort Krankenhaus",

00:00:32: wenn Ärzte Fehler machen mit Tanina und Peter.

00:00:36: Bin ich froh, dass wir das gerade noch von den Lippen kam.

00:00:40: Ich freue mich sehr, Peter.

00:00:43: Es wird noch viele neue Fälle geben.

00:00:46: Wir werden auch immer wieder über alte Fälle, die sich noch entwickeln,

00:00:50: berichten, wenn es da Neuerungen gibt.

00:00:53: Das war auch die Anregung einer sehr engagierten Zuhörerin, ach berichte

00:00:57: doch mal über Fälle, die nicht abgeschlossen sind

00:01:00: und sich noch entwickeln. Das wollen wir gerne tun.

00:01:02: Und was wir auch machen wollen,

00:01:04: wir wollen über Fälle berichten, die nicht positiv ausgegangen sind,

00:01:08: damit auch gar kein falsches Bild entsteht.

00:01:11: Weil es ist immer noch so, dass mehr Klagen abgewiesen werden,

00:01:15: als zugesprochen im Arzthaftungsrecht.

00:01:18: Das habe ich noch nie gesagt.

00:01:21: Wir in der Kanzlei haben eine gute Statistik,

00:01:25: Und ja, wir verlieren auch deutlich viele Fälle.

00:01:28: Das ist aber dem geschuldet, dass die Beweislast,

00:01:32: über die wir an anderer Stelle auch mal sprechen wollen, immer noch beim Patienten liegt und

00:01:35: der es sichtlich schwerer hat, seine Ansprüche durchzusetzen.

00:01:39: Und es ist auch so, dass die Lobby der Ärzte

00:01:42: natürlich immer noch größer und stärker ist als die

00:01:46: des Patienten. Gott sei Dank gibt es aber auch die Fälle, wo wirklich

00:01:49: der Patient ja zu seinem Recht gekommen

00:01:53: die in der Kanzlei entstanden sind.

00:01:55: Liebe Tatort-Krankenhaushörer,

00:01:57: ihr habt auf jeden Fall schon mal einen exzellenten Podcast geschmackt.

00:02:01: Das ist ja mal sowieso klar, sonst werdet ihr ja gar nicht hier bei uns. Ihr seid aber auch so herrlich neugierig.

00:02:05: Die Dagmar hat uns eine Mail geschickt und

00:02:08: möchte von dir wissen, lieber Peter, an welchem spannenden Fall du

00:02:12: denn jetzt gerade arbeitest. Ich nehme an, das sind gleich mehrere.

00:02:16: Und darfst du darüber sprechen?

00:02:19: Ja, das sind natürlich mehrere, weil es ist nicht so wie

00:02:22: vielleicht, der ein oder andere Ältere unter uns kennt die Serie noch.

00:02:25: Liebling Kreuzberg, der nur ein oder zwei Fälle im Monat hatte

00:02:29: und dann persönlich überall hinfahren konnte und mit allen sprechen.

00:02:33: Das ist nicht die Wirklichkeit.

00:02:35: Also wir bearbeiten glaube ich mehrere Hundert,

00:02:39: auf jeden Fall haben wir mehrere tausend laufende Fälle,

00:02:42: also eine sehr, sehr große Anzahl, für die ich jetzt nicht alle

00:02:45: allein verantwortlich bin.

00:02:47: Aber das ist sicherlich nicht nur ein Fall.

00:02:51: Ich möchte einen kurzen, zumindest antiesen, der auch schon durch die Presse gegangen ist

00:02:56: und der mich sicherlich die nächsten Jahre auch weiter verfolgen wird.

00:03:01: Den Fall in kurzen Stichworten, der Mandant hat aus dem Keller

00:03:06: seines Wohnhauses eine Luftmatratze holen wollen, weil er Gäste erwartet hat.

00:03:11: Dabei hat er sich an der Kante, an einer Kante der Luftmatratze,

00:03:15: die sind ja mit unterscharf, so wie Papier, kann man sich sehr leicht dran schneiden.

00:03:20: Ganz leicht geschnitten, so auf einer Fläche von etwa einem Zentimeter.

00:03:23: Dabei ist unmerklich, wie sie später dann herausgestellt hat,

00:03:26: Mäusekot mit in das Körperinnere gedrungen.

00:03:30: Es stand so eine kleine Blutblase.

00:03:33: Haben wir alle schon gehabt, auch mehrfach macht man sich keine großen Gedanken.

00:03:37: Ich kann dir so ein Riss am Finger zeigen, da bin ich gerade an dem Papier tatsächlich.

00:03:41: Ja, das ist auch schmerzhaft, aber diese Blase war unspektakulär.

00:03:47: Ich verkürzte das jetzt wirklich in der Zeit.

00:03:49: Dann Fieber eingestellt, dem wurde aber auch nicht allzu viel beigemessen,

00:03:53: weil die ganze Familie an einem grippalen Infekt zu der Zeit auch erkrankt war.

00:03:57: Und es wurde dann darauf geschoben.

00:04:00: Aber es hat sich weiterentwickelt. Es kam dann sehr schnell,

00:04:03: das ist jetzt sehr verkürzt zu einer Sepsis.

00:04:06: Der Vorwurf geht, dass der nicht adäquat und zeitgerecht begegnet worden ist.

00:04:10: Aber die Sepsis war so dramatisch, dass es eigentlich schon nicht mehr fünf vor zwölf,

00:04:16: sondern fünf nach zwölf war.

00:04:18: Also er hat gerade so überlebt durch eine Maximalversorgung in einer universitären Klinik.

00:04:24: Die Folge war aber, dass ihm letztendlich alle vier Gliedmaßen auf einmal entfernt werden mussten.

00:04:31: Also beide Füße, Unterschenkel, beide Hände, ein Stück vom Arm.

00:04:36: Also ganz dramatisch, junger Mann, gerade 40 geworden, mit zwei kleinen Kindern noch.

00:04:43: Ja, das ist ein sehr dramatischer Fall, der noch in den Anfängen ist.

00:04:46: Aber wie gesagt, es war schon sehr durch die Presse gegangen, weil er so einmalig war.

00:04:51: Einmalig auch deswegen, und das möchte ich an dieser Stelle betonen,

00:04:54: das ist auch sehr beeindruckend, weil dieser Familienvater überhaupt nicht mit seinem Schicksal hadert,

00:05:00: sondern froh ist, überlebt zu haben, für seine Kinder da zu sein.

00:05:03: Und er ist wirklich beeindruckend, mit welcher Stärke er aber auch seine Ehefrau mit diesem Schicksalsschlag umgehen.

00:05:11: Das war für mich außergewöhnlich und in all den Jahren, jetzt schon Jahrzehnten,

00:05:15: beruflicher Tätigkeit im Arzthaftungsrecht sehr prägend und beeindruckend,

00:05:20: weil das ganz selten der Fall ist.

00:05:22: Und ich persönlich hätte lange nicht so mit umgehen können wie dieser Mandant.

00:05:27: Da kann man nur sagen, Schapo, das ist schon beeindruckend.

00:05:31: An dem Fall seid ihr weiter dran?

00:05:33: An dem Fall sind wir weiter dran, der ist jetzt noch ganz am Anfang,

00:05:36: ist noch nicht im gerichtlichen Stadium und wir müssen sehen, wie sich das Ganze entwickelt.

00:05:40: Aber er nimmt das an, er hat schon, glaube ich, seinen ersten Prothesen bekommen

00:05:44: und stellt sich dem Leben und ist froh.

00:05:46: Und ja, das ist ein sehr spektakulärer Fall und wir werden sehen, wie der in rechtlicher Hinsicht weitergehen wird.

00:05:53: Der wird uns vielleicht auch nochmal hier begegnen bei Tatort Krankenhaus.

00:05:56: Ganz sicher sogar.

00:05:57: So, und bevor wir zu unserem heutigen Fall kommen, am Peter und ich noch eine kleine Empfehlung für euch,

00:06:01: das ist jetzt mal kein anderer Podcast, sondern ein Getränk.

00:06:05: Und zwar sind es Energydrinks oder auch Tees von Holy.

00:06:09: Und die sind mal ganz anders als andere Energydrinks, die gibt es im kleinen Tütchen,

00:06:13: könnt ihr euch dann im Wasser auflösen.

00:06:15: Da spart ihr schon mal jede Menge Müll.

00:06:18: Außerdem sind die Getränke ohne Zucker, ohne künstliche Aromen und die schmecken wirklich, wirklich gut.

00:06:24: Das könnte auch was für euch sein im Krankenhaus in der Nachtschicht zum Wach bleiben.

00:06:29: Wir empfehlen euch auf jeden Fall Holy, wir werden in dieser Folge auch von Holy unterstützt

00:06:33: und mit uns kommt ihr auch ein bisschen günstiger an das Starter-Kit

00:06:37: das könnte ihr euch im Internet bestellen.

00:06:38: Mit dem Code "Tatort" gibt es 10% Rabatt und mit "Tatort5" gibt es 5 Euro Rabatt.

00:06:44: Das findet ihr alles hier in den Shownotes.

00:06:46: Also von Peter und mir Daumen hoch für Holy.

00:06:49: So, so viel Zeit muss heute sein und jetzt geht's los.

00:06:52: Unser heutiger Fall ist abgeschlossen, gerichtlich, aber leider auch in trauriger Hinsicht.

00:06:59: Denn der Patient, um den es geht, ist leider verstorben.

00:07:02: So, und wir wollen euch erzählen, wie es dazu gekommen ist.

00:07:06: Werner ist 69 Jahre alt, er wohnt allein, seine Frau ist vor vier Jahren gestorben,

00:07:10: seine beiden Kinder wohnen hunderte Kilometer weit weg.

00:07:13: Der Witwer fühlt sich oft einsam und dann kommen diese Beschwerden dazu.

00:07:18: Werner kann nicht mehr schlucken, sein Hals fühlt sich an wie zugeschnürt.

00:07:22: Vom Arzt bekommt er folgende Diagnose.

00:07:25: Seine Speiseröhre ist eingeengt durch eine Aussackung eines großen Blutgefäßes.

00:07:30: Weil er dadurch mittlerweile keine Nahrung mehr zu sich nehmen kann,

00:07:35: wird er natürlich ins Krankenhaus eingeliefert und bekommt zunächst eine nasogastrale Sonde.

00:07:40: Also er wird mit Flüssignahrung durch einen Schlauch versorgt, der durch die Nase in den Magen führt.

00:07:45: Diese transnasalen Sonden werden bevorzugt eingesetzt, wenn die Ernährung nur über einen kurzen Zeitraum durchgeführt werden muss.

00:07:53: Oder, wenn noch nicht ganz klar ist, wie lange der Patient künstlich ernährt werden muss.

00:07:57: Werner arrangiert sich soweit sehr gut mit dieser Lösung.

00:08:02: Er bleibt fröhlich, ist auf dem Weg der Besserung, er unternimmt Spaziergänge auf den Krankenhausfluren

00:08:06: und er spielt auch mit anderen Patienten-Gesellschaftspielen in der Cafeteria.

00:08:11: Ein wichtiges Detail müssen wir an dieser Stelle schon erwähnen.

00:08:16: Bei Werner gibt es nämlich eine sehr, sehr außergewöhnliche Besonderheit.

00:08:21: Peter bei ihm kann der Hustenreflex nicht ausgelöst werden.

00:08:25: Das ist wirklich sehr, sehr außergewöhnlich.

00:08:29: Ja, allerdings, das kommt sehr, sehr selten vor.

00:08:31: Normalerweise ist der Hustenreflex ein unwillkürlicher Schutzreflex des Körpers, den wir nicht steuern bzw. ganz unterdrücken können.

00:08:39: Das merkt man auch immer, wenn man irgendwo ist, wo man sich selber sagt, oh Gott, jetzt bloß nicht husten, jetzt bloß nicht husten und dann kribbelt es ja schon immer.

00:08:45: Genau, beim Husten befreilen wir uns quasi ungesteuert von Fremdkörpern oder Sekretansammlungen in den Atemwegen.

00:08:52: Dieser fehlende Hustenreflex bei Werner wird später noch wichtig.

00:08:57: Zu diesem Zeitpunkt, wie gesagt, ist er auf dem Weg der Besserung.

00:09:00: Die Ärzte sehen aber weiterhin keine Chance, dass er wieder normal essen wird.

00:09:04: Es muss eine dauerhafte Lösung her. Werner soll jetzt eine sogenannte Pek-Sonde bekommen.

00:09:10: Das Kürzel-Pek steht für eine Percutan-endoskopische Gastrostomie und bedeutet, dass meist endoskopisch ein künstlicher Zugang von außen durch die Bauchdecke in den Magen gelegt wird.

00:09:24: Die Ernährung gibt es heute als sicheres und wirksames Verfahren, um eine angemessen Ernährung bei Patienten sicherzustellen.

00:09:30: Komplikationen sind da eher selten.

00:09:32: Bei Werner läuft es allerdings nicht gut. Bei ihm ist es nicht möglich, eine Pek zu legen.

00:09:37: An dieser Stelle habe ich alle Unterlagen auf links gedreht, aber ich konnte keine Erklärung finden, warum das bei Werner nicht möglich war.

00:09:46: Es hatte wohl rein anatomische Gründe, warum Werner auf eine Pek nicht eingestellt werden konnte.

00:09:53: Fakt ist auf jeden Fall, dass die Ärzte zurück rudern und ihm erneut eine Nasensonde legen.

00:09:58: Nach einigen Tagen wird die gezogen, gereinigt und dann wieder neu gelegt.

00:10:02: Und an dieser Stelle geht offenbar etwas sehr schief.

00:10:07: Bevor wir dazu kommen, schnappen wir uns einen Auszug aus der Aussage des behandelnden Arztes vor Gericht.

00:10:13: Der beschreibt die Verlegung der Nasensonde erst als ein wenig schwierig, aber beim erneuten Versuch habe es dann problemlos geklappt.

00:10:20: Um die richtige Lage der Sonde zu kontrollieren, wurde ein Lufttest gemacht.

00:10:26: Kurz erklärt über den Schlauch, wird mit einer Spritze Luft eingeblasen und mit einem Stethoskop hört der Arzt ab, ob die Luft auch im Magen ankommt.

00:10:36: So, dieser Arzt sagt aus, er habe das deutliche Zischgeräusch im Magen gehört.

00:10:41: Es war wohl auch noch ein weiterer Arzt anwesend, außerdem noch ein Pfleger und einige Praktikanten.

00:10:46: Denen habe er das Verfahren ganz genau erklärt und diesen Lufttest auch noch ein zweites Mal durchgeführt.

00:10:52: Nach diesem Standardtest sei er sicher gewesen, dass die Sonde richtig eingeführt sei.

00:10:58: Man könnte auch noch eine andere Methode anwenden und zwar hätte man Peter auch Magensaft entnehmen können.

00:11:06: Ja, das wäre eine Methode, um zu sehen, ob die Magensonde tatsächlich richtig nämlich im Magen auch liegt.

00:11:13: Diesen Test hat der Arzt nicht angewendet und auch keine Röntgenaufnahme gemacht.

00:11:17: Auch die hätte die richtige Position der Sonde gezeigt.

00:11:20: Er verlässt sich also allein auf den Lufttest.

00:11:23: Dann hat man Werner Flüssigkeit zugeführt, er ist ganz langsam auf die Sonde.

00:11:27: und Tröpfchenweise und zu guter Letzt bekam Werner 200 Milliliter Tee und zusätzlich 250

00:11:33: Milliliter Sondernahrung. Der Arzt fügt noch hinzu, er erinnere sich daran, dass er nach

00:11:40: einer halben Stunde noch einmal nach Werner geschaut habe und da sei alles in Ordnung gewesen.

00:11:45: Das mag auch durchaus so gewesen sein, aber nur ein paar Stunden später verschlechtert

00:11:49: sich Werners Zustand und zwar dramatisch. Der Pflegedienst findet Werner in seinem Bett,

00:11:54: er hat blutigen Schleim vor dem Mund und Werner ringt nach Luft. Sein Gesundheitszustand

00:12:00: verschlechtert sich zunehmend, dann muss er auf die Intensivstation verlegt werden. Da

00:12:06: kommen dann starke Schmerzen im Brustbereich dazu und Werner bekommt Fieber. Und in diesem

00:12:12: Zustand, das staun ich ehrlich gesagt ein bisschen, weil das ist ja schon wirklich

00:12:15: ein ganz ganz dramatischer Zustand, wird Werner aber noch in ein anderes Krankenhaus verlegt.

00:12:19: Ja, das ist mitunter so. Intensivstation ist nicht gleich Intensivstation. Auf einer

00:12:27: Intensivstation eine Universitätsklinik hat man noch andere Möglichkeiten als beim

00:12:33: Regionalkrankenhaus nenn ich es mal. Da ist man doch noch umfassender ausgestattet, sowohl

00:12:38: technisch als auch personell und dann gibt es schon mitunter auch Verlegung von Intensivstation

00:12:44: zu Intensivstation. Also wir, unsere Hörer und ich, wir gucken ja mittlerweile oder hören

00:12:49: diese Fälle ja mittlerweile schon so ein bisschen anders. Das wäre für mich schon wieder so

00:12:52: eine Stelle gewesen, wo ich dachte, oh, da guckt der Jurist aber hin, wenn das hinterher

00:12:55: vor Gericht kommt, warum ist der an dieser Stelle verlegt worden? Also wäre das ein

00:12:59: Punkt, wo ihr schauen würdet? Ja, das ist immer ein Ansatzpunkt zu schauen, ob das fehlerhaft

00:13:04: gewesen ist, jemanden zu verlegen. Meistens die Frage aber eher ist es fehlerhaft gewesen,

00:13:09: jemanden nicht zu verlegen, weil das sogenannte Übernahme verschulden, dass man einen Patienten

00:13:16: annimmt oder bei sich behält, obwohl man gar nicht in der Lage ist, in adäquat zu versorgen,

00:13:24: zu therapieren. In diesem Krankenhaus, in das Werner verlegt wird, wird dann eine Röntgenaufnahme

00:13:30: gemacht und die zeigt ein ganz schlimmes Bild. Die Sonde führt nämlich nicht in Werners

00:13:36: Magen, sondern in seine Lunge. Der Schlauch mündet in einem Lungenflügel. Ich denke,

00:13:43: da weiß jeder, dass das eine totale Vollkontastrophe ist. Ich meine, das ist doch der Grund, dass

00:13:46: es nicht so ist, warum man nüchtern in eine Operation geht, damit eben gar kein Mageninhalt

00:13:50: in eine Lunge gelangen kann. Bei Werner nimmt die Tragödie auch ihren Lauf. Ein Lungenflügel

00:13:55: ist infiziert, in der Folge zerstört, der Lungenflügel muss entfernt werden. Kurzzeitig

00:14:01: geht es weiter zwar besser, aber dann kommt es zu einer Sepsis mit Multiorganversagen,

00:14:07: an dem er dann wenige Tage später auch stirbt. Sehr, sehr tragisch, ich glaube, heute sprechen

00:14:12: wir wie über einen ganz kolossalen Fehler. Zum einen leitet die Staatsanwaltschaft ein

00:14:16: Ermittlungsverfahren ein und die Erben von Werner erheben Zivilklage. Ist so was zeitgleich

00:14:22: nebeneinander? Das geht zeitgleich, das hat aber den einer

00:14:26: oder anderen Nachteil. Das werden wir auch sehr häufig gefragt, sollen wir daneben noch

00:14:32: ein Strafverfahren einleiten. In Todesfällen hat es mehr Vorteile, in Fällen von fahrlässigen

00:14:39: Körperverletzungen eher mehr Nachteile. Kurz angerissen, die Nachteile sind, dass wenn

00:14:46: das Strafverfahren läuft, im Regelfall die Behandlungsdokumentation beschlagnahmt wird

00:14:50: von der Staatsanwaltschaft und erstmal da liegt, dann haben wir als Anwälte keinen Zugriff,

00:14:57: um die Zivilsache weiter voranzutreiben. Jetzt ist es so, dass manche Staatsanwaltschaften

00:15:03: einem frühzeitig die Akte schicken, wenn jetzt ein Gutachten eingeholt worden ist über

00:15:07: den Rechtsmediziner, dann bekommt man die Akte, bevor die Ermittlungen abgeschlossen

00:15:12: worden sind. Ein Anspruch darauf hat man aber nicht, der Anspruch besteht erst nach Abschluss

00:15:16: der Ermittlung. Und manche Staatsanwaltschaften, das ist wirklich ganz unterschiedlich, auch

00:15:22: bundesweit unterschiedlich, die sagen, nein, wir wollen erst abgeschlossen haben, das

00:15:26: kann aber ein, zwei, drei, vier Jahre dauern und dann bekommt man erst die Akte. Die Verjährung

00:15:31: läuft in der Zeit aber weiter, das ist ein großes Problem. Man hat keinen Zugriff auf

00:15:36: die Behandlungsdokumentation, die Verjährung läuft weiter und man steht da und es sind

00:15:42: einem die Hände gebunden. Also man ist auf das Entgegenkommen der Staatsanwaltschaft angewiesen.

00:15:46: Viele machen das, an der Stelle vielen Dank dafür, dass man auch zivilrechtlich dann

00:15:51: weiter kommt, manche machen das aber nicht. Und da muss man gut überlegen, ob man ein

00:15:56: strafrechtliches Verfahren auch einleitet. Die fahrlässige Tötung ist im Gegensatz

00:16:01: zu der fahrlässigen Körperverletzung kein Antragsdelikt. Also die fahrlässige Tötung

00:16:06: kann auch von Amtswegen verfolgt werden. Die fahrlässige Körperverletzung setzt immer

00:16:10: einen Antrag, es sei denn es steht wirklich im überragenden öffentlichen Interesse, ansonsten ein Antrag

00:16:16: des Geschädigten voraus. Darum gibt es in Fällen der fahrlässigen Tötung auch von Amtswegen

00:16:22: eingeleitete Strafverfahren. Und die haben im Regelfall den Vorteil, dass eine Obduktion

00:16:30: durchgeführt wird. Und eine Obduktion liefert Erkenntnisse, die einem in rechtlicher Hinsicht,

00:16:36: auch in zivilrechtlicher Hinsicht später helfen können, weil es wird festgestellt,

00:16:40: woran ist er denn letztendlich gestorben, der Patient/die Patientin. Und das sind Erkenntnisse, die

00:16:46: einem dann weiterhelfen, auch zivilrechtlich erfolg zu haben. Dann macht es schon mit

00:16:50: unter Sinn auch ein Strafverfahren einzuleiten. Aber da muss man noch das ein oder andere

00:16:56: mehr abwägen, aber das vielleicht mal ganz grob zu den Unterschieden.

00:16:59: Alles klar. Danke dir, Peter, für diese kleine Exkursion. Jetzt gucken wir mal, was der Arzt

00:17:03: vor Gericht gesagt hat. Er sagt, er habe alles richtig gemacht. Wir erinnern uns an

00:17:08: den Lufttest, den er ja bei Werner durchgeführt hat. Und danach war er sich sicher, dass

00:17:13: die Sonde im Magen angekommen sei, also, dass sie richtig liegt.

00:17:16: Das hat er nochmal so bestätigt. Jetzt hat sich natürlich gezeigt im Rahmen der rechtsmedizinischen

00:17:22: Untersuchung, dass dem nicht der Fall gewesen ist, die Magensonde lag in der Lunge. Also

00:17:27: die Annahme des Arztes war falsch. Jetzt stellt sich die Frage, war das, was er gemacht hat,

00:17:33: dieser Lufttest, war der ausreichend, Ja oder Nein. Gerade, und das ist jetzt hier

00:17:38: das Besondere im Fall von Werner, er hat ja nicht diesen Hustenreflex. Er konnte sich

00:17:43: also gegen das Legen, der Magen-Sonde nicht wehren. Er konnte nicht reagieren darauf.

00:17:49: Darum hätte hier in dem Fall auf jeden Fall etwas Weiteres zur Kontrolle der richtigen

00:17:55: Lage erfolgen müssen durch die Gewinnung von Magensäure. Das ist aber unterblieben.

00:18:00: Und das war ein gravierender Fehler, der noch eine besondere Bedeutung oder Erschwernis

00:18:06: dazu bekommen hat, weil es ja diese Vorerkrankung bei Werner gegeben hat. Und da hätte man ganz

00:18:12: sicher das machen müssen, weil der Lufttest allein war auch nicht aussagekräftig und bei

00:18:16: Werner quasi doppelt nicht aussagekräftig. Und das ist unterlassen worden. Und wenn man

00:18:22: das nämlich gemacht hätte, hätte man festgestellt, die Sonde liegt falsch. Und dann wäre es

00:18:27: nicht zu diesen desaströsen Folgen bis hin zum Tod von Werner gekommen. Und man muss

00:18:33: sich klar machen, auch damals war es schon so, dass jede zweite Magensonde nochmal neu platziert

00:18:39: werden musste. Jede zweite, das war die Aussage des Sachverständigen. Also das ist eine enorme

00:18:44: Zahl. Also weil die Fallschlag in der Lunge, und wenn man weiß, welche Folgen das Zeitigen

00:18:50: kann, muss da einfach mit äußerster Sorgfalt geschaut werden, liegt die richtig oder nicht.

00:18:56: Und wenn Vorerkrankungen das Ganze erschweren, dann ist der Sorgfals Maßstab ein noch viel

00:19:01: viel höherer und der ist hier gravierend so die Aussage des Sachverständigen verletzt

00:19:06: worden. Ist das Gericht dieser knallhart Einschätzung des Sachverständigen nachgekommen?

00:19:11: Ja, das Gericht hat sich dem entsprechend angeschlossen und dann eine Verurteilung ausgesprochen. Werner

00:19:19: hat insgesamt, der hat ja nicht lange gelitten, das hatten wir schon mal als Thema, wenn man

00:19:23: nicht lange leidet, bekommt man ein relativ geringes Schmerzensgeld und er bzw. in dem

00:19:29: Fall seine Erben, die den Prozess ja geführt haben, haben einen Schmerzensgeld von 12.000

00:19:35: Euro erhalten. Zu dieser Zeit, als das Urteil gesprochen wurde, gab es auch noch nicht

00:19:41: das sogenannte Hinterbliebenengeld. Das gab es 2012 noch nicht, das wäre noch weitergehende

00:19:47: Ansprüche, die auch die Nichterben heute hätten gelten machen können. Aber darüber sprechen

00:19:53: wir noch mal in einer anderen Folge. 12.000 Euro beim Zivilverfahren, wie ist denn der

00:19:58: Strafverfahren ausgegangen? Ja, es wurde ein Strafverfahren gegen den

00:20:02: Arzt wegen fahrlässiger Tötung durchgeführt und er ist letztendlich zu einer kleinen

00:20:10: Geldstrafe verurteilt worden. Richtigerweise ist das Verfahren eingestellt worden gegen

00:20:15: die Zahlung einer Geldauflage, wie der Jurist sagt. Mehr ist ihm nicht passiert, die Frage

00:20:21: wird aufkommen, ist ihm die Approbation entzogen worden? Nein ist sie ihm nicht. Wenn das der

00:20:28: erste Fall ist, wo das mal passiert ist, ist das ganz, ganz selten, dass einem Arzt die

00:20:34: Approbation entzogen wird. Das hattest du uns schon mal erzählt,

00:20:38: weil es passieren ja nun mal auch Fehler. Ich will das nicht kleinreden, aber dann hätten

00:20:42: wir irgendwann wahrscheinlich keine Ärzte mehr. Genau, darum halte ich das auch für

00:20:46: richtig, dass mit dem Entzug der Approbation sehr zurückhaltend umgegangen wird.

00:20:52: Kannst du uns noch ein aus juristischer Sicht ein Rat mit auf dem Weg geben?

00:20:56: Ja, kann ich gerne tun, und zwar die Abgrenzung Zivilverfahren, Strafverfahren oder wann

00:21:01: soll ich einen Strafverfahren einleiten. Wichtig ist es, wenn jemand verstorben ist, dass

00:21:07: man wirklich sehr zeitnah, weil die Beerdigung findet mit unterjahr zwei, drei Tage bei

00:21:13: manchen Religionen schon quasi am Folgetag statt und eine Exhumierung, um eine Obduktion

00:21:20: durchzuführen, ist viel, viel schwieriger durchzusetzen, als wenn der Verstorbene vorher

00:21:26: obduziert wird vor der Bestattung. Also, dass man sehr zeitnah einen Anwalt aufsucht und

00:21:33: sich dann beraten lässt, was mache ich jetzt? Und nicht von sich aus ein Strafverfahren

00:21:37: einleitet, mitunter, wir haben drüber gesprochen, wird es schon seitens des Krankenhauses in

00:21:42: die Wege geleitet, dann kann man es ohnehin nicht mehr stoppen, aber dass man mit dem

00:21:46: Anwalt spricht, was mache ich jetzt? Und man muss wissen, die meisten Verfahren wegen

00:21:51: fahrlässiger Körperverletzung, und da sind wir bei einer Quote von 99 Prozent, werden

00:21:57: ohnehin eingestellt und man behindert sich im Regelfall durch die Einleitung eines solchen

00:22:02: Strafverfahrens. Und da sollte man zumindest mit einem Anwalt drüber sprechen, was sind

00:22:07: jetzt die richtigen Schritte, dass man sich nicht selber an den Bein stellt, das ist ganz,

00:22:10: ganz wichtig. Danke dir, Peter, für den Rat hinten raus,

00:22:14: danke dir für diesen Fall, den du uns heute mitgebracht hast, ein sehr tragischer und

00:22:18: trauriger Fall mal wieder. Und wenn ihr uns ein bisschen Feedback geben möchtet, egal

00:22:23: in welche Richtung, dann macht das sehr gerne, ihr findet uns auf Instagram, da halten wir

00:22:28: euch auch immer auf dem Laufenden, was es demnächst bei Tatortkrankenhaus so gibt, da

00:22:32: wir vor Zwischendurch mal vielleicht Besuch haben oder wir irgendwo zu Besuch sind. Das

00:22:36: erfahrt ihr alles im Netz. Ansonsten freuen wir uns auf euch nächste Woche, um Donnerstag.

00:22:42: Wenn es wieder heißt Tatortkrankenhaus, wenn Ärzte Fehler machen mit Tanina und Peter,

00:22:47: bis dahin.

00:22:48: Bis dahin.

00:22:49: Tatortkrankenhaus, der Podcast mit Tanina Rottmann und Peter Gellner.

00:22:53: SWR 2021

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