Tatort Krankenhaus - unendliche Hüfte
Shownotes
Eine der häufigsten Operationen in Deutschland führte bei Matthias zu einer unendlichen Leidensgeschichte…
Die langjährige Radiomoderatorin Tanina Rottmann und der aus dem TV bekannte Patientenanwalt Peter Gellner schildern auf verständliche Art und Weise echte Fälle ärztlicher Kunstfehler und geben wertvolle Tipps aus der Insiderperspektive.
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00:00:00: [Musik]
00:00:22: Tatort Krankenhaus. Der Podcast mit Tanina Rottmann und Peter Gellner.
00:00:27: Ja guck mal Peter, das ist doch schön. Hier scheinen ja Menschen wieder so 20 Minuten für uns Zeit zu haben.
00:00:32: Ich finde dich übrigens extrem sexy heute.
00:00:35: Ihr wisst ja, ich habe mir vor langer langer Zeit schon Peter gewünscht in Robe.
00:00:42: Wie sich das für ein Anwalt gehört. Ich habe es bisher noch nicht gekriegt.
00:00:46: Stattdessen bekomme ich dich heute im lockeren T-Shirt und mit einer Brille, die du glaube ich als elfjähriger auch schon getragen hast.
00:00:53: Eine Harry Potter-Brille in, ich muss dir sagen, zu klein.
00:00:56: Ja, die ist glaube ich seit meiner Einschulung irgendwo in der Ecke gelegen und mittlerweile habe ich sie wiedergefunden und ziehe sie auch ganz gerne an. Wie ein junger Mann glaube ich.
00:01:06: Absolut, also ihr seht schon, wir sind bereit heute für einen neuen Fall.
00:01:10: Ihr hoffentlich auch. Große Frage, für uns ist ja immer, welche Fälle wollt ihr wohl?
00:01:16: Also was interessiert euch am meisten? Peter bei unseren bisherigen Fällen, gibt es einen Spitzenreiter.
00:01:21: Ja, unser bisheriger Spitzenreiter ist "falsch gelegen". Das war unser zweiter Fall. Karl war das. Karl, genau. Karl hatte Kinderlähmung und wurde bei der Operation nicht richtig gelagert.
00:01:35: Solche Lagerungsschäden kommen sehr, sehr häufig vor. Da kann auch jeder von betroffen sein und darum ist das ein Fall, den viele spannend und interessant finden.
00:01:45: Für mich war das komplettes Neuland, dass es auch bei der OP so drauf ankommt, wie man liegt. Ich dachte, man liegt halt da?
00:01:51: Gerade nicht. Also es hat uns sogar ein Fachmann angeschrieben, der in diesem Bereich tätig ist, der spezielle Schulungen abhält, wie Patienten gelagert werden müssen.
00:02:02: Er hat also mitgeteilt, dass die Lagerung, das ist nach seiner Ansicht so, mindestens genauso wichtig ist wie die Operation selber.
00:02:11: Und das ist schon sehr erstaunlich. Und er hat uns gebeten, darauf hinzuweisen, dass es da spezielle Fachkräfte gibt, die entsprechende Schulungen machen.
00:02:19: Ist in diesem Augenblick passiert. Danke dir, Peter. So, für heute haben wir uns überlegt, wir schauen uns einen Fall an, bei dem es um eine Hüft-OP geht.
00:02:27: Da hast du auch mal gesagt, das sind bei euch in der Kanzlei die Fälle, die am häufigsten sogar oder häufig vorkommen, wo es eben Probleme gibt.
00:02:36: Ja, Hüfte steht bei uns im Moment, in dem Moment heißt eigentlich seit einigen Jahren auf Platz 1, wir kategorisieren unsere Fälle nach Körperteilen, wir nennen das dann die Hüfte, die Brust, der Kopf, das Bein.
00:02:52: Im Fitnessstudio ist es Bauch-Beine-Po, so ist es dann in der Anwaltskanzlei.
00:02:56: Wir machen das so ein bisschen vergleichbar. Und ja, die Hüfte ist auf Platz 1, es gibt sehr, sehr viele Hüft-Operationen in Deutschland und dementsprechend gibt es dann auch gehäuft Fehler oder vermeintliche Fehler in diesem Bereich, aber das ist auf Platz 1 unserer Kanzleiinternen Statistik.
00:03:14: Ob das jetzt bundesweit auch so ist, das weiß ich nicht, aber der Fall kommt sehr, sehr häufig vor.
00:03:20: Also kann man da jetzt den Rückschluss ziehen, die Menge macht es, die dann auch die Menge von ärztlichen Fehlern macht und nicht, weil das so schwierige Operationen sind?
00:03:30: Ja, ich denke schon, dass das die Masse ausmacht, wo viel operiert wird, passieren natürlich auch im Verhältnis mehr Fehler als bei Operationen, die man zweimal im Jahr macht.
00:03:41: Da kann es natürlich auch bei uns in der Praxis als Patientenanwälte nicht so häufig vorkommen.
00:03:47: Also wie die Späne beim Hobeln. Wir steigen ein in unseren heutigen Fall, Überschrift "die Hüfte", in diesem Fall sogar "die unendliche Hüfte".
00:03:56: Wir beleuchten heute die Leidensgeschichte von Matthias und die kann man mit einem Wort beschreiben "Schmerz". So geht es Matthias heute.
00:04:05: Er leidet tagsüber an Schmerzen, in der Nacht wird es immer noch schlimmer. Schmerzmittel helfen nur für kurze Zeit.
00:04:11: Matthias ist auf den Rollstuhl angewiesen, mehr als drei Schritte, an Gehhilfen schafft er nicht. Und er und seine Frau überlegen, aus ihrem schönen Häuschen auszuziehen und in eine behindertengerechte Wohnung umzuziehen.
00:04:24: Wie konnte es so weit kommen? Das wollen wir herausfinden. Und dafür spulen wir zurück. Matthias ist Ende 50.
00:04:32: Er war Berufssoldat bei der Bundeswehr und jetzt im Ruhestand. Seine Frau Stefanie arbeitet noch. Und Matthias schmeißt einen großen Teil des Haushaltes.
00:04:40: Und dabei meldet sich immer häufiger seine rechte Hüfte. Sie schmerzt. Matthias sind die Gründe dafür auch durchaus bewusst. Zum einen liegt es so, glaubt er, an seinem Alter und er wiegt zu viel. 140 kg bei einer Größe von 1,75 m.
00:04:57: Peter, sind das auch so die Hauptfeinde des Hüftgelenks, also Alter und Gewicht?
00:05:04: Ja, also mit zunehmendem Alter setzt naturgemäß ein zunehmender Verschleiß auch ein. Und darum sind die meisten Patienten die künstliche Hüftgelenke bekommen oder überhaupt an Hüftbeschwerden leiden jenseits der 60 oder 70 oder noch älter.
00:05:22: Ja, und Übergewicht nicht nur bei der Hüfte belastet das auch in diesem Fall, auch in anderen Fällen natürlich was bekannt ist. Und das sind sicherlich die beiden Hauptfaktoren.
00:05:34: Vielleicht auch noch einer Ergänzung. Also wer sehr sehr viel Sport gemacht hat, man hört ja immer von Fußball-Profis, die im Alter dann Hüftprobleme haben.
00:05:45: Auch eine künstliche Hüfte bekommen. Boris Becker ist da, ein sehr bekannter Fall. Auch die haben in ihrer Jugend, in ihrer Primetime danach die Hüfte dann über Gebühr beansprucht und zahlen dann den Preis im Alter mit entsprechenden Beschwerden und Veränderungen vielleicht.
00:06:03: Und wenn dann noch ein paar Funde zu viel drauf kommen, wird es ja auch nicht besser.
00:06:07: Ja, wird nicht besser.
00:06:08: Irgendwann ist bei Matthias auch der Punkt erreicht, er soll ein neues Hüftgelenk bekommen. In der Klinik wird seine rechte Hüfte durch eine Prothese ersetzt. Also die OP, das ist Business as usual in diesem Krankenhaus.
00:06:20: Der Heilungsprozess verläuft auch gut, allerdings verspürt Matthias nach knapp drei Monaten etwa wieder stärker werdende Schmerzen.
00:06:28: Eine Untersuchung ergibt eine Protheseninfektion, das heißt, er muss wieder in den Operationssaal, das künstliche Gelenk wird ausgebaut und zunächst einmal bekommt er kein neues, sondern es wird ersetzt durch einen Spacer.
00:06:42: Ich rate jetzt mal, Space, Platz schaffen, das bin ich auf dem richtigen Weg.
00:06:48: Du bist sowas von auf dem richtigen Weg. Also Spacer, das ist quasi eine zeitweise verbleibende Prothese, weil die ursprüngliche Prothese wird rausoperiert.
00:06:59: Dann kommt so ein Spacer rein, der für eine gewisse Zeit dann den Zustand erhält, damit man ein anderes Implantat dann später einsetzen kann.
00:07:07: Keine angenehme Zeit, weil man sich kaum bewegen kann. Schmerzhaft auch, aber das weniger, man ist einfach unheimlich eingeschränkt in der Bewegung.
00:07:16: Das ist kein neues Gelenk, es ist ja starre.
00:07:18: Ja, es ist einfach nur so ein Platzhalter. Und ja, das vielleicht auch nochmal zum Verständnis für unsere Hörer.
00:07:28: Infektionen entstehen oder Bakterien, Keime, siedeln sich sehr gerne an metallischen Gegenständen an.
00:07:35: Das ist so ein Bereich, so ein Biotop, nenn ich es mal aus der Biologie, wo die sich wohl fühlen und da haften die gerne an und dann entstehen dann häufig dann entsprechende Infektionen.
00:07:48: Das ist nicht selten.
00:07:50: Warum nimmt man denn da kein anderes Material? Die NASA muss doch was haben.
00:07:54: Natürlich gibt es auch andere Materialien, aber die sind nicht alle geeignet, aber der Körper hat viele Stellen, wo andere Materialien eingesetzt werden, die nicht so anfällig sind, dass sich Bakterien entsprechend oder Keime, die haften sich da gerne an und da ist immer das Risiko, dass in dem Bereich eine Infektion entsteht, sehr, sehr groß.
00:08:15: Matthias hat drei Monate lang diesen Spacer in seiner Hüfte, dann endlich bekommt er eine neue Hüftgelenksprothese eingesetzt. Auch diesmal scheint erst wieder alles gut zu sein.
00:08:26: Zwei Monate später allerdings ist es der erste Weihnachtstag, wir haben es ständig fälle, wo am Weihnachten was passiert, das zieht sich ja hier schon fast wie ein roter Faden durch.
00:08:36: Ja, wie ich schon gesagt habe, man sollte sehen, dass man nicht an Feiertagen, an Wochenenden ins Krankenhaus muss, natürlich sucht man sich das nicht aus, aber an Weihnachten sind die Krankenhäuser nicht voll besetzt und keiner möchte da auch an Weihnachten hin.
00:08:52: Das kommt auch noch dazu.
00:08:54: So, bei Matthias, wie gesagt, es ist der erste Weihnachtstag, an dem Tag bricht seine Hüftprothese. Es ist ein sogenannter "Konusbruch". Peter, was ist da wo gebrochen? Diese Prothese besteht ja aus mehreren Teilen.
00:09:08: Genau, also die sogenannte "Konusverbindung" ist die Verbindung zwischen Hals der Prothese und der Prothesen-Schafft. Und da kommt es nicht häufig, aber wenn kommt es in diesen Bereich zu brüchen.
00:09:22: Also wir haben jetzt schon eine Infektion gehabt, wir haben ein neues Hüftgelenk, das bricht. Ja und jetzt beginnt für Matthias wirklich ein Operationsmarathon.
00:09:33: Er bekommt wieder eine neue Prothese, unterhalb der Prothesen-Spitze bricht der Schafft seines Oberschenkels. Diese Fraktur wird fixiert, die heilt aber sehr schlecht und deswegen muss Matthias wieder operiert werden.
00:09:46: Dabei stellt sich raus, die Prothese hat sich gelockert. Also Matthias hat mittlerweile auch Dauerschmerzen. An laufen ist bei ihm schon gar nicht mehr zu denken.
00:09:56: Er kann sich jetzt nur noch mit dem Rollstuhl fortbewegen und eine weitere Operation, so sagt man ihm, sei erst möglich, wenn dieser Oberschenkelbruch ausgeheilt ist.
00:10:06: Matthias kämpft also mit seinen starken Schmerzen. Ein halbes Jahr nach seiner letzten OP, also halbes Jahr vergangen, da werden Röntgenaufnahmen und ein CT gemacht.
00:10:17: Und das Ergebnis, die Schrauben und die Platten, das kann man so sagen, an seinem Oberschenkel, die sind locker. Also der Bruch an sich ist wohl gut verheilt, aber an der Prothese ist was nicht ganz fest.
00:10:30: Nach acht Wochen Wartezeit sollen diese Schrauben rausgeholt werden, der OP-Termin steht auch schon fest. Doch dann kommt die Information, die Platte am Oberschenkel und auch die gesamte Hüftprothese sind keimbelastet.
00:10:42: Also wieder infiziert wie am Anfang.
00:10:45: Ja, also man kann schon sagen Matthias lässt in dem Fall wirklich nichts aus, was sich
00:10:49: zutragen kann.
00:10:50: Das ganze Spektrum der Komplikation in diesem Bereich, das hat er mitgenommen.
00:10:55: Also der Grad der Belastung ist bei Matthias jetzt nach diesen diversen Operationen schon
00:10:59: ziemlich hoch.
00:11:00: Also es kommt wieder alles raus.
00:11:03: So Matthias bekommt dann wieder eine neue künstliche Hüfte.
00:11:07: Ich weiß gar nicht mehr, wie oft er auf der arme Mann jetzt schon unter das Messer kam.
00:11:09: Diesmal wird ihm eine nicht zementierte Spezialprothese eingesetzt.
00:11:15: Ja, das ist einfach so.
00:11:16: Mit jeder weiteren Operation wird ja das organische Material, was noch vorhanden war,
00:11:24: muss ja weiter abgebaut werden.
00:11:25: Es muss wieder mehr Platz geschafft werden.
00:11:27: Es muss vielleicht mehr Knochensubstanz abgetragen werden.
00:11:30: Mehr Gewebe, es gibt mehr Verwachsungen.
00:11:33: Also jede weitere Operation führt ja zu neuen Schwierigkeiten.
00:11:36: Man sagt ja auch ein Hüftimplantat mittlerweile, so 15 Jahre plus/minus, manche sagen 10, manche
00:11:42: 20, bei manchen hält es auch länger.
00:11:44: Aber dann kann man das zweimal machen.
00:11:46: Wenn man Glück hat, dreimal, wir hatten einen Fall, da war es sogar zum vierten Mal, aber
00:11:51: das sind Ausnahmen.
00:11:52: Also man kann das nicht beliebig oft wiederholen, sonst ist nachher nichts mehr da, wo man
00:11:57: irgendwas befestigen kann.
00:11:58: Und dann bleibt oft nur noch der Rollstuhl im Endeffekt.
00:12:03: Matthias wird gesagt, nach den vielen Prothesen einsetzen, könne eine neue, jetzt nicht mehr
00:12:09: am oberen Teil des Oberschenkelknochens befestigt werden, also zermentiert werden, weil an der
00:12:14: Stelle eine sichere Befestigung gar nicht mehr möglich sei.
00:12:17: Die neue Prothese müsse im gesamten Oberschenkel befestigt werden, soweit der Plan.
00:12:23: Als diese Operation dann durchgeführt wird, stellt man fest, dass der obere Teil von Matthias
00:12:27: Oberschenkelknochen von diesen vielen OPs so stark beschädigt ist, dass man beschließt
00:12:33: den Oberschenkel bis auf einen Rest von 14 Zentimetern zu entfernen.
00:12:37: Ich weiß jetzt nicht, wie lange so ein Oberschenkelknochen ist, aber deutlich länger als 14 Zentimeter.
00:12:42: Ist natürlich abhängig von der Körpergröße.
00:12:45: Jetzt bei dir wird er nicht so lang sein, aber auch deutlich länger als 14 Zentimeter.
00:12:51: Und ja, das ist schon ein sehr, sehr stabiler Knochen und alles, was man da weg nimmt, führt
00:12:57: natürlich naturgemäß schon zu einer weiteren Instabilität.
00:13:01: Bei Matthias ist es jetzt so, dass in den Restknochen eine sogenannte Megaprothese
00:13:06: einzementiert wird.
00:13:08: Also das ist offensichtlich ein Apparello.
00:13:10: Ja, das ist quasi das umfassendste, so muss man es richtigerweise formulieren, was in
00:13:15: dem Bereich möglich ist, glaube ich, Ultimarazio könnte man sagen, so das letzte Mittel, was
00:13:20: verbleibt.
00:13:21: Matthias hat also eine absolute Odysee hier mitgemacht mit diesen zahlreichen Operationen und wir
00:13:27: haben euch ja zu Beginn geschildert, wie es ihm heute geht bzw. wie schlecht es ihm geht.
00:13:32: Matthias ist ein Pflegefall mit Dauerschmerzen.
00:13:35: Kommen wir zum juristischen Teil.
00:13:38: Was ist da schiefgelaufen?
00:13:41: Ja, es hat sogar mehrere ärztliche Fehler gegeben.
00:13:44: Wir konnten uns allerdings im Vorfeld nicht mit der gegnerischen Haftlichtversicherung
00:13:48: verständigen, so dass wir auch in diesem Fall ein Landgericht anrufen mussten, eine spezielle
00:13:54: Arzaftungskammer beim Landgericht.
00:13:55: Was sagt denn dann so eine Versicherung?
00:13:57: Wir haben sich die Akten an uns sagen, das konnte man so nicht verhindern.
00:14:02: Genau, wir haben vorgetragen, wo wir Fehler sehen und die Versicherung hat uns entgegengesetzt.
00:14:08: Wir sehen das anders, wir sehen da keinen Fehler.
00:14:11: Unser Versicherungsnehmer, also unsere Ärzte, haben alles richtig gemacht und wir sind nicht
00:14:16: bereit in eine Regulierung einzutreten.
00:14:18: In diesem Fall von Matthias, und da nehme ich jetzt schon mal so eine Kleinigkeit vorweg,
00:14:23: gucken wir uns ein Hüftgelenk mal etwas genauer an, was da quasi verbaut wurde.
00:14:29: Sagen wir so, Materialfehler lag nicht vor, aber was anderes?
00:14:36: Ja, das ist ein gutes Stichwort Tanina: Materialfehler.
00:14:39: Das haben wir in diesem Bereich recht häufig.
00:14:41: Wenn beispielsweise eine Prothese bricht, dann kann es verschiedene Ursachen geben.
00:14:48: Dann sagen die Ärzte, ja wir haben schlechtes Material bekommen, das ist ein Materialfehler.
00:14:54: Der Hersteller sagt natürlich, nein, das Material ist das allerbeste, was wir verwenden,
00:15:00: das muss der Arzt falsch eingesetzt haben.
00:15:03: Der hat sich nicht an die Vorgaben, die wir gemacht haben, gehalten und darum ist es
00:15:06: zum Bruch gekommen.
00:15:07: Also man schiebt sich quasi den schwarzen Peter wechselseitig zu, darum verklagen wir
00:15:13: in solchen Fällen häufig beide.
00:15:15: Einer von beiden ist vielleicht verantwortlich und dann, wenn man den einen nicht verklagen
00:15:20: würde und dann wartet und dann fällt einem nach fünf Jahren auf oder man bekommt einen
00:15:23: Urteil, in dem heißt es dann, ja es ist ein Materialfehler, dem Arzt ist das nicht anzulasten,
00:15:28: dann will man den Hersteller in Anspruch nehmen, aber die Ansprüche sind verjährt, dann hat
00:15:33: man als Anwalt ein Kunstfehler begangen.
00:15:35: Über das Thema werden wir auch noch mal sprechen, Verjährung, ganz dringendes Thema.
00:15:39: Ja, ein wichtiges Thema und darum nehmen wir beide in Anspruch oder man verkündet einem
00:15:44: den Streit, das ist so ein juristischer Fachbegriff, auf jeden Fall um zu verhindern, dass die
00:15:49: Verjährung gegen einen von beiden dann eintritt.
00:15:52: Und ja, um zum Fall von Matthias zurückzukommen, hier sind bei den verschiedenen Operationen
00:16:01: nicht gleiche vom gleichen Hersteller produzierte Hälse verwendet worden, also verschiedene Materialien
00:16:08: von unterschiedlichen Herstellern.
00:16:10: Die sind miteinander kombiniert worden.
00:16:12: Die sind miteinander kombiniert worden, das ist gar nicht so selten und das ist oftmals
00:16:16: auch in Ordnung.
00:16:18: Aber es gibt auch Vorgaben, wo es heißt vom Hersteller, dieser Schaff darf nur mit dem
00:16:24: von uns hergestellten Hals kombiniert werden, sonst alles andere ist ausgeschlossen.
00:16:30: Weil jenes und diese, und hier waren es ja auch spezielle Schäfte, ein sehr, sehr großer
00:16:36: und da war die Vorgabe nicht mit einem Hersteller fremden, halsverbinden, dann kann es zu diesen
00:16:42: Kronosbrüchen kommen.
00:16:43: Okay, ich sage das aber nicht, um jetzt ihr eigenes Produkt zu verkaufen und mit Geld
00:16:46: zu verdienen.
00:16:47: Nein, nein.
00:16:48: Die sagen, dass der Erfahrungswerte sind so, das geht nicht gut miteinander.
00:16:51: Genau, zumindest bei dieser Konstellation nicht.
00:16:53: Das passt schon mal mit anderen Herstellern, wie gesagt, das wird auch gar nicht so selten
00:16:58: gemacht, dass man auf verschiedene Fabrikate zurückgreift.
00:17:00: Aber in dem Fall war das nicht erlaubt und das war einer der großen Fehler, der gemacht
00:17:05: worden ist.
00:17:06: Man könnte jetzt hier auch wieder daran denken, Mensch, Infektionen sind entstanden und die
00:17:10: haben die nicht ausreichend therapiert.
00:17:13: Nein, das konnte als Fehler nicht festgestellt werden, weil es tritt häufiger auf, einfach schicksalhaft.
00:17:19: Die haben dann auch adäquat reagiert, das Ärzteteam.
00:17:21: Das war jetzt kein Fehler.
00:17:23: Hier war der Fehler, dass Schaft und Hals nicht zusammengepasst haben.
00:17:28: Es gab noch weitere Fehler bei der Implementierung.
00:17:31: Da hätte ein anderer Zement, nenne ich es mal, verwendet werden müssen und andere Umstände,
00:17:38: die zu beschreiben jetzt zu weit gingen und zu speziell wären.
00:17:41: Aber es gab so zwei, drei Fehler, die der Sachverständige, der im Prozess dann auch tätig geworden ist,
00:17:48: den Ärzten ins Poesiealbum geschrieben hat.
00:17:50: Und darum hat das Gericht letztendlich dann auch einen Vergleichsvorschlag gemacht.
00:17:56: Und Matthias hat einen Betrag, der nicht all so hoch ist, aber der in dem Fall durchaus
00:18:03: als angemessen anzusehen ist, von etwas über 50.000 Euro erhalten.
00:18:09: Erscheint mir jetzt wenig, der Mann sitzt im Rollstuhl.
00:18:13: Schmerzen.
00:18:14: Ja, aber vieles ist einfach darauf zurück auf die Infektion zurückzuführen und die ist
00:18:18: ja schicksalhaft eingetreten.
00:18:20: Also da muss man immer differenzieren.
00:18:23: Man darf nicht immer schließen von dem, wie geht es ihm?
00:18:25: Sitzt im Rollstuhl.
00:18:26: Dann sind 50.000 natürlich zu wenig.
00:18:29: Aber da hat nur ein Teil mit beigetragen.
00:18:32: Und der meiste Teil war schicksalhaft, dass er im Rollstuhl sitzt.
00:18:36: Und dann muss man das schon sehr differenziert auch betrachten.
00:18:39: Und dann ist die Summe wiederum angemessen.
00:18:41: Auf sowas hätte Matthias als Patient oder vielleicht auch seine Angehörigen doch im Leben nicht kommen
00:18:48: können, dass da bei dem Materialien zwei zusammen gepuzzelt wurden, die einfach nicht
00:18:52: ging.
00:18:53: Also da brauchte der dich als Anwalt.
00:18:55: Ja, das kann der Laie natürlich nicht wissen.
00:18:57: Das müssen aber die Ärzte wissen, dass das nicht zusammen passt.
00:19:02: Aber da haben die sich nicht mitauseinander gesetzt.
00:19:04: Es war auch hier wirklich ein ungewöhnlicher Verlauf des Ganzen.
00:19:09: Das ist nicht der Regelfall.
00:19:10: Im Regelfall kommen Patienten zu uns, die sagen, ich habe eine Hüft-Tep, also Hüft total
00:19:16: Endoprothese bekommen.
00:19:18: Jetzt ist mein Bein kürzer.
00:19:20: Das ist das häufigste, was kommt.
00:19:22: Allein daraus zu schließen, dass ein Bein Zentimeter zwei oder drei kürzer ist als das andere,
00:19:28: das ein Fehler vorliegt.
00:19:29: Das ist nicht gerechtfertig.
00:19:30: Weil es kann bei diesen Operationen, das ist gar nicht so selten, zur Bein-Längen-
00:19:34: Differenzen kommen.
00:19:35: Das allein erlaubt noch nicht den Rückschluss auf einen Fehler.
00:19:39: Kann aber den Rückschluss darauf zulassen.
00:19:42: Weil sehr häufig ist es so, dass die Hüft-Prothesen in bestimmten Winkel eingesetzt werden müssen.
00:19:50: Es gibt Vorgaben von den Herstellern, die sagen, der Winkel muss so und so viel Grad
00:19:54: sein, von bis, das ist so der Toleranzbereich, wo unser Implantat am besten funktioniert.
00:20:00: Dann wird aber nicht darauf geachtet.
00:20:02: Dann wird das vielleicht intraoperativ kontrolliert, aber ein falscher Maßstab angelegt und
00:20:07: dann sind es ein paar Grad zu viel.
00:20:09: Dann gibt es die Differenzen, dann gibt es die Probleme.
00:20:11: Das bleibt ja dann nicht bei der Hüfte.
00:20:13: Das wirkt sich dann aus auf den Rücken und die weitergehenden Probleme, die man dann
00:20:18: entsprechend hat.
00:20:19: Also da muss man schon sehr sorgsam sein und sich erläutern lassen, welches Implantat
00:20:23: wird genommen, welche Operationsmethode, Zement oder ohne Zement und gibt noch weitere.
00:20:30: Also das muss man sich genau erläutern lassen, wo die Vorteile sind, wo die Nachteile sind.
00:20:35: Da ist der Patient auch gefordert und aufgefordert nachzufragen und sich das wirklich erklären
00:20:42: zu lassen, dass man das versteht und was ist ein Schaft, was ist eine Pfanne, brauche
00:20:46: ich das und wie viel Knochen wird weggenommen.
00:20:48: Also da ist jeder einzelne aufgefordert, sich schlau zu machen und dann die richtige Entscheidung
00:20:55: zu treffen.
00:20:56: Danke dir auf jeden Fall, Peter, für diesen Fall heute, für diese Folge heute.
00:21:00: Und ihr wisst, in einer Woche am Donnerstag gibt es schon die nächste Folge.
00:21:05: Wir freuen uns auf euch und wenn ihr immer wissen möchtet, was wir so treiben oder
00:21:09: auch mal einen Blick hinter die Kulissen bekommen möchtet, uns gibt es auch auf Instagram
00:21:14: @tartortkrankenhaus.
00:21:15: Wir sagen für heute, ciao bis zum nächsten Mal.
00:21:18: Tschüssi.
00:21:19: @tartortkrankenhaus.
00:21:20: Der Podcast mit Tanina Rottmann und Peter Gellner.
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